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TRIPLE A
‚Triple A’, das ist ‚Aspects of Abstract Art’, ein Titel
unter dem sich sechs Künstlerinnen und Künstler des VBK Berlin
zu einem Ausstellungsprojekt verabredet haben, das im Untertitel
wissen möchte oder vielleicht auch schon weiß: ‚Was ist so
abstrakt an der abstrakten Malerei?’
Die Einrichtung der Ausstellung möchte versuchen, den
Zwischenraum, den diese Frage indirekt thematisiert – die
Antwort noch nicht oder immer schon zu wissen – weiter
auszuloten. Sie will durch die verschiedenen künstlerischen
Positionen hindurch und über sie hinaus Zusammenhänge
erschließen und Bezüge herstellen, die als Korrelationen des so
sich zeigenden Spektrums der zur Anschauung gebrachten
Möglichkeiten malerischer Abstraktionen verstanden werden
können.
‚Erschließen’ und ‚Herstellen’ sind miteinander verschränkt und
als Verfahren umkehrbar, darin jedoch nicht als gleichsinniger
Vorgang zu verstehen. Die jeweiligen Grenzüberschreitungen fügen
sich nicht zu einer übergeordneten Einheit oder einem sich
ergänzenden, abgeschlossenen Ganzen zusammen. Vielmehr möchte
die Einrichtung der Ausstellung die Idee eines korrelativen
Zusammenhangs von künstlerischen Differenzen veranschaulichen,
die in verschiedenen Bezügen aufeinander die jeweiligen
Verfahren von Entgrenzungen als Eröffnung weiterführender
Spielräume von Eigensinn nachvollziehbar machen.
Die künstlerische Vergegenwärtigung des Abstrakten oder von
Abstraktheit ist immer auch Reflexion von Abstraktion als
Verfahren, ohne dass sich diese Reflexion als solche ausweisen
muss. In ihr liegt ein vorsprachlicher, in materialer Hinsicht
eigensprachlicher Sinn, der selbst als etwas spezifisch
Abstraktes gegenwärtig ist. Er bricht sich an der
unausgesprochenen Evidenz des Selbstverständlichen – dass es
Kunst gibt, dass gemalt wird, dass die Welt real ist, dass Dinge
vertraut sind oder Kommunikation nicht als solche bewusst wird.
Das Selbstverständliche hat die Tendenz, sich in seiner eigenen
Abstraktheit zu verbergen. Die Beeinflussung der Finanzmärkte
durch Ratings ereignet sich in einem permanenten Zeitstrom und
wird als konstitutiv für unseren Alltagshorizont erst bewusst,
wenn die krisenhafte Entwicklung dieser Märkte auf eben diesen
Alltag durchschlägt. Was bleibt, ist die Erinnerung daran, dass
die Bezeichnung ‚Triple A’, die für die Bonität von großen
Kreditnehmern steht, die Spitze der diesbezüglichen Hierarchie
darstellt. Es ist das beste Rating und als diese Auszeichnung
findet es Eingang in den umgangssprachlichen, quasi analogen
Sprachgebrauch.
Mehr kann man eigentlich nicht wissen, die Mechanismen der
Abstraktion, die unsere Realität strukturieren, sind, ohne sie
wirklich zu beherrschen, nur einer in sich durchaus
widersprüchlichen Agglomeration von Experten bzw. ihrer
Maschinen zugänglich. Das schlägt durch auf die
Selbstironisierung des eigenen Bewusstseinshorizonts, der sich
darin durchaus auch als Widerstand formiert: Die Weisen der
malerischen Abstraktion stehen quer zur Abstraktheit
systemischer Logik und bilden sich doch im Bewusstsein ihrer
nicht fassbaren Realität. Diese Spanne, diesen existentiellen
Zwischenraum gilt es – ganz abstrakt – mitzudenken, wenn wir den
Verlauf eines korrelativen Zusammenhangs aus künstlerischen
Differenzen zu erschließen versuchen.
Wolfgang Siano, Kunsthistoriker und Publizist
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