Sommerfrische Berliner Künstler
In Schwalenberg 1890 – 1950
Sommerfrische_RELOADED
Zeitgenössische Positionen aus dem Verein Berliner Künstler


Zitadelle Berlin Spandau Ausstellungssäle
Bastion Kronprinz

Im Jahr 2013 fand in Schwalenberg die Sonderausstellung „Sommerfrische Berliner Künstler in Schwalenberg 1890 – 1950 und „Sommerfrische_RELOADED Zeitgenössische Berliner Positionen 1982 – 2013“ statt. Das Ausstellungsprojekt entstand als Kooperation zwischen dem Verein Berliner Künstler und der Lippischen Kulturagentur, Landesverband Lippe, und war für zwei Ausstellungsorte vor Ort konzipiert.
Für Berlin konnte die Ausstellung auch um elf wichtige Arbeiten von Magnus Zeller ( 1888 – 1972), dem wohl bekanntesten Berliner Vertreter in Schwalenberg, ergänzt werden. Er nahm in der Künstlerkolonie eine Ausnahmestellung ein, da er kein Landschaftsmaler war, obwohl einige Landschaften, so lippische Ansichten, von seiner Hand erhalten sind. Er widmete sich hauptsächlich Motiven mit politischem und gesellschaftskritischem Hintergrund oder religiöser Symbolik.
Anders als in Schwalenberg werden in Berlin auf der Zitadelle beide Teile zusammengeführt und in nicht voneinander getrennten Bereichen als ein Ganzes präsentiert. Verändert wurde die Ausstellung auch in den Zeitgenössischen Positionen aus dem Verein Berliner Künstler. Blieben die hier gezeigten Künstler*innen zwar dieselben, so standen aber einige in Schwalenberg gezeigten Arbeiten nicht mehr zur Verfügung und wurden neuere sowie zusätzliche Werke ausgesucht, zumal eine größere Ausstellungsfläche zur Verfügung steht und der Verein Berliner Künstler in diesem Jahr seinen 175. Geburtstag begeht.
Was zog nun Künstler aus der Großstadt Berlin in einen ländlichen Ort wie Schwalenberg. Der Ort liegt zwar in einer sehr idyllischen Landschaft, aber abgelegen, weit weg von einer Großstadt und Kunstakademie. Diese Entwicklung lässt sich nur vor dem Hintergrund der allgemeinen Pleinairmalerei, also der Freilicht-Malerei erklären, die im 19.Jhdt. in Frankreich entstand und sich schnell über ganz Europa ausbreitete. Die Maler, die nach Schwalenberg kamen, folgten einem Zeitphänomen: Immer mehr Künstler in Deutschland verließen ihre Ateliers, um unmittelbar in der Natur unter freiem Himmel nach neuen künstlerischen Ausdrucksformen zu suchen. Dabei orientierten sie sich zumeist an dem aus Frankreich kommenden Impressionismus und waren fasziniert von den unterschiedlichen Stimmungen von sich wandelnden Farb- und Lichtverhältnissen. Und Schwalenberg bot hierfür einen wunderbaren Anziehungspunkt: gerahmt von einer Landschaft mit sanften Hügeln, gekennzeichnet von verwinkelten Gassen und reich beschnitzten Fachwerkhäusern sowie einer Burg oberhalb der Stadt. Hinzu kam eine geo-atmosphärische Besonderheit, die den Ort für impressionistische Landschaftsmaler besonders interessant machte. An warmen Tagen steigt aus dem „Mörth“, einem ehemaligen Hochmoor, ein besonders flirrendes Licht empor mit einm Wechsel unterschiedlichster Blau- und Grautöne.
Anhand von Gemälden und Grafiken von Berliner Künstlern aus der damaligen Zeit zeigt die Ausstellung historische Positionen als einen Aspekt. Dabei werden wichtige Künstlerpersönlichkeiten wie Hans Licht (1876 – 1935), Magnus Zeller (1888 – 1972), Franz Born (!881 – 1917) oder auch die beiden Robert Kämmerer d. Ä. ( 1870 – 1950); Robert Kämmerer-Rohrig, (1893 – 1977) in den Mittelpunkt gestellt und im Kreise ihrer Künstlerkollegen und Schüler präsentiert.
In der zweiten Hälfte des 20.Jhdt. und des 21. Jhdt. Zog und zieht es weiterhin Künstler*innen aus den Städten hinaus in die Natur und die lebendige künstlerische Beziehung Schwalenbergs zu Berlin ist nie vollständig abgerissen. So bilden exemplarische Beispiele zeitgenössischer Pleinairmalerei von 18 Mitgliedern des Vereins Berliner Künstler, die regelmäßig in Schwalenberg arbeiten, als Stipendiaten dort waren oder an anderen ländlichen Orten gemalt haben, den anderen Aspekt der Ausstellung. Zu sehen sind Arbeiten von Dagmar Diekmann, Gerhard Gabel, Hans-Jürgen Gabriel, Marianne Gielen, Claudia Hartwig, Susanne Knaack, LOUIS ( 2015 gestorben), Christin Lutze, Matthias Koeppel, Peter Mollenhauer, Helga Ntephe, Renate Pfrommer, Michaela Rothe, Evelyn Sommerhoff, SOOKI, Andrea Streit und Jürgen Tenz.
Lassen wir aber einen der Beteiligten zu der Frage Malerei im Freien zu Wort kommen:“ Du fragst mich warum ich gern im Pleinair arbeite. Woher weißt Du, dass ich es gern tue? Das Malen draußen vor der Natur ist eine Strapaze. Wind und Wetter setzen einem zu. Insekten stechen und stürzen sich in die frische Farbe, Passanten geben ungebetene Ratschläge und fragen permanent, warum man das Motiv der Einfachheit halber nicht lieber fotografiert; nicht selten kommen Besitzer des Grundstücks oder Ackerlands, auf dem man gerade die Feldstaffelei aufgestellt hat und vertreiben einen. Das alles und noch manches mehr muss man aushalten, wenn man Pleinair malt. Also von „gerne“ kann da keine Rede sein.“ (Matthias Koeppel 2012)
Die Ausstellung findet in Zusammenarbeit mit der Kulturagentur Landesverband Lippe und dem Verein Berliner Künstler statt und steht unter der Schirmherrschaft von
Dr. Frank-Walter Steinmeier,
Mitglied des Deutschen Bundestages und Bundesaußenminister.

artery Berlin Ausgabe Juni – Juli 2016