Innen- und Außenwelten

„Köpfe der Region“. So der Titel der Ölgemälde von Peter Berndt in der Ausstellung „Kopf an Kopf“ in der Galerie „KunstHaus“.

Die Ausstellung „Kopf an Kopf“ im „KunstHaus“ zeigt 77 Werke von 46 Künstlern
Aquarellmalerei – die meisten Menschen verbinden damit vor allem blasse Landschaftsskizzen und nasses, welliges Papier. Der Beleg dafür, dass mit dieser Technik sehr viel mehr möglich ist, sind die Porträtmalereien Laura Haases. Zwei von ihnen hängen derzeit im „KunstHaus“ Potsdam – im Rahmen der Ausstellung „Kopf an Kopf“.

Mit ganz feinen, behutsamen Pinselstrichen malt Laura Haase Porträts ihrer Freunde und Familienmitglieder im gleißenden Sonnenlicht – die Farben sind so intensiv, die Augen der Porträtierten so strahlend und klar, dass der Betrachter dem Bildgeschehen ganz nah zu sein scheint. Die durchscheinenden Tuscheschichten werden durch Haases Hand zu perfekt proportionierten Körperbildern. Dass es dann aber eben doch nur Bilder sind, darauf weisen die wenigen Stellen in den Porträts hin, die Haase nicht mit Tusche ausmalt – die sie unvollendet lässt.

Um künstlerische Techniken oder Kunstgattungen geht es bei der aktuellen Ausstellung im Kunsthaus aber nicht. Viel eher stehen hier die 46 ausstellenden Künstler selbst im Mittelpunkt. Sie alle sind Mitglieder des Kunstvereins KunstHaus Potsdam e. V., der 2002 gegründet wurde und seinen Sitz seitdem in der Garde-Ulanen-Kaserne hat. Das ehemalige Pferdelazarett bauten die Mitglieder des Vereins mit eigenen Mitteln wieder auf und schufen der Kunst mit einer Ausstellungshalle und mehreren Künstlerateliers einen neuen Ort.

Die alljährliche Ausstellung, in der nur die Vereinsmitglieder ausstellen, trägt immer einen anderen Titel, zu dem dann frei assoziiert werden kann – und immer vereint sie Künstler in einer Ausstellung, die auf unterschiedlichen Niveaus und mit unterschiedlichen Techniken arbeiten. Zum diesjährigen Ausstellungstitel „Kopf an Kopf“ heißt es in der Pressemitteilung: „Kopf-an-Kopf-Rennen können assoziiert werden, dialogische Konstellationen sind möglich, Porträts und Innenwelten können gestaltet werden.“

Tatsächlich ist ein Gang durch die Ausstellung wie ein Hin- und Herspringen zwischen den Innen- und Außenwelten des Kopfes, zwischen Gedankenspielen und visuellen Eindrücken. Laura Haase, die sowohl ein Medizinstudium an der Berliner Charité als auch ein Studium der Bildenden Kunst an der Universität der Künste absolvierte, sieht das Porträtieren als besondere Art, „einen Menschen kennenzulernen, ihm nahe zu sein“ und legt in ihren Bildern Wert auf die äußeren Züge des Kopfes.

Einen ganz anderen Ansatz hat Karin Fleischer: Die Künstlerin, die ursprünglich Malerei, Druckgrafik und Kupferstich in Berlin und London lernte, bannte mit Pastellkreide auf Papier, was ihr beim Hören von Franz Liszts „Resignation“ durch den Kopf ging. Zarte wie kräftige, wellenförmige wie kreisrunde Linien in violett und blau waren das, eine „Leise Bewegung“, wie es im Bildtitel steht. Ihre reduzierten, aber bewegten Linien zeugen von einer derart dynamischen Geschichte, dass der Betrachtende tatsächlich Töne zu vernehmen meint.
Auch die beiden Glasmosaike „Talking Heads“ von Christine Blümer zitieren das Auditive, das dem Visuellen innewohnen kann. Rechteckige und quadratische Glasbausteine in Rot- und Blautönen verklebte Blümer zu zwei großen Rechtecken, die zueinander zu sprechen scheinen. In der einen Komposition dominieren laute Orange- und Bronzefarben – die andere Mosaiktafel scheint in ihren ruhigen Blau- und Türkisnuancen zuzuhören und das Gespräch mit feuerroten Akzenten zu kommentieren.

Bei 77 Werken von 46 Künstlern kann den Besuchern schon mal der Kopf schwirren – „Kopf an Kopf“ in der Galerie „KunstHaus“ ist aber so vielfältig und facettenreich, dass sie in ihrer Fülle immer spannend bleibt: Nicht ein Werk wiederholt sich. Abstrakte wie figürliche Gemälde, Installationen, Reliefs und Collagen sind zu sehen und liefern jeweils einen eigenen Gedanken zum Ausstellungsthema.

Auch dem britischen Künstler Damien Hirst wird Respekt gezollt, denn schließlich war er es, der den teuersten Kopf der Welt schuf: Sein mit 8601 lupenreinen Diamanten besetzter Totenschädel „For the Love of God“ sorgt bis heute für hitzige Diskussionen nicht nur unter Kunstkritikern. Dieses Thema griff Anja Isabel Schnapka auf, die bereits in der letzten Ausstellung in der Produzentengalerie M mit ihren fragmentarischen Fotocollagen die Aufmerksamkeit auf sich zog. Sie installierte das „Damien Hirst Gedächtnisschwimmen“, bei denen mehrere silbrig glitzernde Miniaturtotenköpfe in einem kreisrunden Becken in einer türkisfarbenen, äußerst chemisch wirkenden Flüssigkeit schwimmen.

Einen erfrischend einfachen Abschluss bieten dann Peter Berndts Ölgemälde „Köpfe der Region“. Grüne und lilafarbene Kohlköpfe warten in ihrer Kiste impressionistisch schillernd auf den Kauf. Niemandem wird es schwerfallen, diesen Titel zu interpretieren.

Linda Huke