Der große Schatten

„Friedrich 300“ mit Wolfram Baumgardt, Peter Frenkel, Ade Frey und Marianne Gielen in der Staatskanzlei

POTSDAM / TELTOWER VORSTADT – Sie waren mit ihren Arbeiten schon für Friedrich II. unterwegs, wenn auch in anderer Konstellation. Doch nirgends bot man ihnen derart viel Raum für ihre Malereien, Collagen, Zeichnungen, Fotografien und Fotografiken wie in den weiten Fluren und Foyers der Staatskanzlei.
Konnte Marianne Gielen in den alten Räumen der Produzentengalerie M nur eines ihrer „Schlachtfelder“ ausstellen, so sind jetzt drei von ihr zu sehen. Hier hat sie ein ihrem Malstil kongeniales Thema gefunden, dem man uneingeschränkte Achtung zollen kann. Was in ihren Malereien oft als expressive Äußerung verwirrte, hat hier seine künstlerische Legitimation gefunden. Dem ordnen sich ihre anderen Arbeiten zu von den „Schlachtordnungen“ bis zur „Stadt in Flammen“.

Auch Ade Frey erhält in diesen Räumen die Chance, ihr vielschichtiges Werk auszubreiten. Auch hier gibt es eine Wiederbegegnung mit den aus vorangegangenen Präsentationen bekannten bildnerischen Reflexionen zum Potsdamer Stadtschloss. Die Inspiration zu diesen Arbeiten ergab sich, wie sie berichtet, aus einem Fax mit dem alten Stadtschloss-Grundriss. Ade Freys Arbeiten überraschen durch eine in der Abstraktion realisierte, höchst spannungsvolle Kommunikation von Bildelementen im Bildraum. Gerade jene Arbeiten, die das Thema Potsdam bis hin zu dem Säckchen mit Panzern toter Cochenilleläuse für die „Farbe des Königs“ immer wieder aufbrechen, gehören in ihrer künstlerischen Dichte und historisch provozierenden Reflexion letztlich in das künftige Landtagsschloss.

Zwölf Arbeiten, zehn Fotografien und zwei Fotografiken zeigt Peter Frenkel. Seine Fotos „Im Garten des Königs“ und „Besuch bei Hofe“ hängen leider im Halbdunkel. Unübersehbar hingegen präsentiert sich Friedrichs Porträt „EFFZWO“ im Warhol-Stil und die protzige Front eines amerikanischen Straßenkreuzers mit Friedrichs Porträt-Standarte als „Old(timer)“.

Und dann ist da noch Wolfram Baumgardt mit seinen Huldigungen an den großen König. Auf einer monumentalen Wandinstallation gibt es eine Geburtstagstorte für Friedrich. In strahlender Farbigkeit präsentiert er sich mit ihr inmitten dieser Bildcollage, umgeben von schwer nachzuzählenden Potsdamer Köpfen in Engelspose. Dem Haupte des Herrschers am nächsten erscheint Günther Jauch.
Von Baumgardt ironisch heiliggesprochen wird der König in einer Parodie auf Raffaels „Sixtinische Madonna“. An Marias Stelle im Bild steht der große Friedrich. Die Engel sind auf den Hund gekommen.

Der eigentliche künstlerische Gewinn der Baumgardtschen Kollektion sind seine sorgsam ausgeführten, subtilen Bleistiftzeichnungen. Sie zeigen einen recht elegischen König, der einsam durch Gärten und Räume streift. Größer als der gebeugte Greis ist schließlich nur noch sein Schatten.

Arno Neumann